Haben Sie sich auch schon gefragt, wie sich die Rolle des Storchs als Kinderbringer erklären lässt? Massgebend ist sicher das grosse Nest, das mühelos als eigentliche Kinderwiege gesehen werden kann, aber so gibt es in der ganzen Geschichte auch einen kleinen Haken: Im Winter ist der Storch abwesend, und trotzdem finden Geburten statt!
Die heute verbreitete abergläubische Vorstellung, der Storch bringe die Kinder, ist nicht, wie man annehmen könnte, uraltes Gut aus der Antike. So bürgerte sich in der Schweiz die ursprünglich aus Norddeutschland stammende Ansicht erst zu Beginn unseres Jahrhunderts ein.
Für den französischen Historiker Philippe Ariès ist es kein Zufall, dass Geburt und Kind Ende des 19. Jahrhunderts vermehrt Beachtung finden. In der gesteigerten Wertschätzung, die Kinder angesichts des starken Geburtenrückgangs erfuhren, sieht er eine Art Kompensation; der etwas gleichzeitig entstandene Kult um den Storch als Kinderbringer könnte Illustration dieser These sein.